50 Jahre Studiengang Logopädie: Eine Ausbildung im Wandel

Jahresbericht 2023

Ein Beitrag zum 50-Jahr-Jubiläum des Studiengangs Logopädie an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik (HfH), erschienen im Jahresbericht 2023.

Kontakt

Wolfgang G. Braun Titel Prof.

Funktion

Senior Lecturer, Leiter Förderzentrum

Susanne Kempe Preti Titel Prof.

Funktion

Professorin für Interventionen bei Sprach- und Sprechstörungen

Die einjährige Spezialausbildung Logopädie startete erstmals im Jahr 1973 mit elf Studentinnen und Studenten. Die Voraussetzung war ein Grundstudium in Heilpädagogik am Heilpädagogischen Seminar (HPS) in Zürich. Vorlesungen wie «Artikulationsstörungen und ihre Behandlungen» sowie «Abriss der Sprachheilkunde» standen auf dem Studienplan. Heute schliessen jährlich rund 40 Studierende ihr Bachelorstudium in Logopädie an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik (HfH) ab, im September 2023 waren es 38 Absolventinnen und Absolventen. Die Ausbildung befähigt zur Ausübung eines therapeutischen Berufes für Menschen aller Altersgruppen, die betroffen sind von Störungen der Kommunikation, der Sprache, der Schriftsprache, des Sprechens, des Redeflusses, der Stimme und des Schluckens. 

Kommunikative Partizipation aller Menschen. Das Tätigkeitsfeld umfasst Diagnostik, Therapie, Beratung und Prävention – und entwickelt sich kontinuierlich weiter. Nicht nur die Themenfelder, auch das Altersspektrum der Zielgruppe mit logopädischem Bedarf ist breiter geworden. Das Ziel ist die kommunikative Partizipation und gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen über die gesamte Lebensspanne hinweg, vom Frühbereich über das Erwachsenenalter bis hin zur Gerontologie. Logopädinnen und Logopäden arbeiten überwiegend in logopädischen Diensten, an Regel- und Sonderschulen, aber zunehmend auch in Kliniken, Rehabilitationszentren und logopädischen Praxen. Vor allem der klinische Bereich entwickelte sich stark, nicht zuletzt wegen der fortschreitenden Alterung der Gesellschaft. Dazu gehört beispielsweise die Arbeit mit Patienten, die nach einem Schlaganfall wieder sprechen lernen müssen, oder mit Patientinnen, die künstlich beatmet wurden und nicht mehr schlucken können. Unabhängig vom Einsatzbereich sind logopädische Fachpersonen stets in interprofessionelle Teams eingebunden.

Die Anforderungen in der Logopädie sind komplexer geworden. Aus diesem Grund wurde der Master Logopädie konzipiert.

Um den stetig wachsenden Anforderungen der Praxis gerecht zu werden, wurde der Master Logopädie konzipiert. Der neue konsekutive Studiengang berücksichtigt die dynamischen Entwicklungen im Feld und will den Wissenstransfer zwischen Praxis, Theorie und Forschung sicherstellen. 16 Fachpersonen nahmen im Herbst 2022 das Masterstudium in Angriff – ein nächster grosser Schritt für die Profession und die Professionalisierung der Logopädie. Zudem arbeitet das Zentrum Ausbildung und Weiterbildung an der Weiterentwicklung des Curriculums: Der Bachelor Logopädie wird stärker auf Kompetenzentwicklung, Flexibilisierung und Profilbildung abzielen. Angestrebt wird das fallbasierte Lernen in spezifisch gestalteten Lernumgebungen. Ab Herbstsemester 2024 soll es so weit sein. Infolge des Fachkräftemangels wurde ausserdem die Zahl der Studierenden pro Studienjahr erhöht.

Die ständige Weiterentwicklung der Logopädie ist eine Herausforderung und gleichzeitig eine Chance.

Meilensteine der Logopädieausbildung. In den fünf vergangenen Jahrzehnten wandelte sich die Logopädieausbildung von einer einjährigen Spezialausbildung zum berufsbefähigenden dreijährigen Bachelorstudiengang mit einem konsekutiven Master. Folgende Entwicklungen waren prägend und sind besonders hervorzuheben:

  • Das Interesse an der Spezialausbildung wächst stetig: Vier Jahre nach dem Start der Spezialausbildung Logopädie übernimmt 1977 der Präsident der Zürcher Sonderklassenlehrer, Peter Wettstein, die Gesamtleitung. Mit seinen Testverfahren und Fachbüchern prägt er das logopädische Berufsfeld nachhaltig. Nach sechs Jahren hat sich die Studierendenzahl verdreifacht, 1979 zählt die Spezialausbildung Logopädie bereits 36 Studierende.
  • Die Berufspraxis erfordert ein immer differenzierteres Know-how: Der Studiengang wird in den 80er-Jahren zu einer dreijährigen Ausbildung umgebaut. Praktika und das Hospitium in anerkannten Sprachheilinstitutionen werden aufgestockt, Aphasiologie wird neu ins Curriculum aufgenommen. Diese beiden Neuerungen lassen bereits auf die zukünftige Entwicklung der Ausbildung schliessen: Der Bezug zur Praxis wird wichtiger sowie der Fokus auf die gesamte Lebensspanne, von der Geburt bis ins hohe Alter.
  • Das HPS entwickelt sich zu einer Pädagogischen Hochschule: Im September 2001 öffnet die Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik (HfH) ihre Tore. Die Logopädie wird nun gemäss Bologna-Deklaration als dreijähriges Bachelorstudium angeboten.
  • Die Verknüpfung von Theorie und Praxis wird gezielt institutionalisiert: Ab 2008 wird die Stotterintensivtherapiewoche «Stotterchamp» durchgeführt, 2011 eröffnet das Förderzentrum, bestehend aus Didaktischem Zentrum und Therapie-Lehr-Praxis (TLP), ein Vorzeigemodell dafür, wie man Theorie und Praxis aufeinander beziehen kann. 2015 wird die Therapie-Lehr-Praxis als Therapiestelle für den Frühbereich sowie für den nachobligatorischen Bereich kantonal anerkannt.
  • Professionalisierung: 2022 startet unter der Leitung von Anke Sodogé und Erika Hunziker der erste Masterstudiengang Logopädie.

1332 Studierende haben in den 50 Jahren eine hochstehende Ausbildung genossen und somit vielen Personen über die gesamte Lebensspanne eine kommunikative Teilhabe ermöglicht. Das runde Jubiläum war ein Anlass für zahlreiche Veranstaltungen mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten: