Leitsätze zur Inklusion
Position
Wie steht die HfH zur Inklusion? Die Position der HfH ist in fünf Leitsätzen konkretisiert.
Was bedeutet Inklusion? Ist es damit getan, dass Schülerinnen und Schüler mit besonderen Bedürfnissen oder mit Lern- und Verhaltensproblemen in der Regelschule gemeinsam mit den anderen Kindern unterrichtet werden? Auch Kinder mit komplexen Behinderungen? Welche Bedeutung hat die Schule für die Vision einer inklusiven Gesellschaft? Und welche Rolle spielen darin die Sonderschulen?
Antworten auf solche Fragen sind nicht einfach zu geben. Die Leitsätze zeigen die Sichtweise der HfH und geben erstmal eine Orientierung vor. Doch was steht hinter den Leitsätzen? Prof. Dr. Barbara Fäh, Rektorin der HfH, hat jeden Leitsatz kommentiert. Damit soll das Thema aber nicht abgeschlossen sein – sondern die Diskussion mit der Öffentlichkeit und den Fachpersonen darüber eröffnet werden.
1. Bildung für Alle
Das Bildungssystem garantiert Bildung für alle Kinder und Jugendlichen und fördert deren Persönlichkeit, Begabungen und Kreativität. Ziel ist die Teilhabe an der Gesellschaft und ein möglichst selbstbestimmtes Leben.
Barbara Fäh: «Bildung für Alle – dahinter steht ein Menschenbild, für das ich voll und ganz einstehe. Eines, das die Würde jedes Einzelnen betont, sein Selbstwertgefühl, seine Akzeptanz. Ein wichtiger Auftrag der HfH ist es, Wissen und Kompetenzen zur Verfügung zu stellen, damit Bildung für Alle auch für Menschen mit komplexen Behinderungen möglich ist.»
2. Inklusive Schule als Vision
Die Schule für Alle ist eine Schule, in der alle Kinder und Jugendlichen willkommen sind, die ihre Strukturen und Kulturen weiterentwickelt und ihre Praktiken den individuellen Ausgangslagen ihrer Schülerinnen und Schüler anpasst. Die Schule für Alle ist geprägt von einem starken Miteinander aller Beteiligten und individuellen Lösungen.
Barbara Fäh: «Wenn die Teilhabe an der Gesellschaft ein Ziel ist, muss dieses Miteinander bereits in der Schule so weit wie möglich gelebt werden. In der Schule können wir die Gesellschaft prägen! Es gibt aber Grenzen – und zwar dort, wo das Schulsystem mit der Vielfalt gesellschaftlicher Herausforderungen zeitweilig überlastet ist.»
3. Heilpädagogische Angebote
Heil- und sonderpädagogische sowie pädagogisch-therapeutische Massnahmen sind auf die Möglichkeiten und Bedürfnisse des einzelnen Kindes oder Jugendlichen ausgerichtet. Sie orientieren sich sowohl am Förderbedarf des jeweiligen Kindes oder Jugendlichen wie auch an den Ressourcen des gesamten Systems.
Barbara Fäh: «Heilpädagogische Fachpersonen fördern das einzelne Kind mit besonderen Bedürfnissen alleine oder in Gruppen, arbeiten mit Lehrpersonen zusammen, unterstützen Eltern, beraten Schulleitungen und Behörden in Hinblick auf ein inklusives Schulsystem. Um das leisten zu können, braucht es spezifisches heilpädagogischen Fachwissen und Kompetenzen. Unser Kernauftrag besteht darin, dieses Wissen in der Aus- und Weiterbildung zu vermitteln, weiterzuentwickeln und lebenslanges Lernen zu ermöglichen.»
4. Inklusion vor Separation
Ziel ist das gemeinsame Lernen aller Kinder und Jugendlichen. Wenn dem besonderen Förderbedarf im inklusiven Setting nicht entsprochen werden kann, können separative oder teil-separative Massnahmen sinnvoll sein.
Barbara Fäh: «Sonderschulen werden wir weiterhin brauchen, denn sie verfügen über Fachwissen im Umgang mit spezifischen Beeinträchtigungen. Separative Massnahmen sind auch Teil des Bildungssystem und deshalb auf die Ziele Teilhabe und Autonomie ausgerichtet. Wenn wir das Schulsystem als Ganzes denken, dann ergänzen sich die verschiedenen Formate. Und warum nicht einmal umdenken: Wann ist die Integration in die Regelschule temporär sinnvoll?»
5. Schule als Teil der Gesellschaft
Die Schule ist Teil einer inklusiven Gesellschaft, in welcher die Gleichwertigkeit und Einzigartigkeit aller Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen gelebt wird. In der Schule wird der Grundstein dafür gelegt.
Barbara Fäh: «Die Schule sei ein Spiegel der Gesellschaft, heisst es. Aber für mich ist sie mehr als das: Die Schule hat auch die Aufgabe, die Gesellschaft von morgen mitzuprägen. Damit das gelingt, braucht es Kompetenzen, Leadership, geteilte Grundwerte und vor allem die Zusammenarbeit von allen Beteiligten und gleichzeitig individuelle Lösungen.»