Computergestütztes Übungsprogramm für psychomotorische Diagnostik

Kategorie Projekt

Ausgangslage und Ziele

Die Kompetenzen von Psychomotoriktherapeutinnen haben einen wesentlichen Einfluss auf die Qualität von Psychomotoriktherapien. Besonders gilt dies für die Diagnostik, einer Kernkompetenz pädagogisch-therapeutischer Berufe. Die Güte der Diagnostik bestimmt zu grossen Teilen, wie wirksam eine Therapie gestaltet werden kann. Beim Aufbau der diagnostischen Kompetenz spielt die Erfahrung mit konkreten Personen und Situationen eine wesentliche Rolle. Diese Erfahrung wird im Laufe eines Studiums meistens durch begleitete Praktika und dazugehörende reflektierenden Veranstaltungen erworben. Die geplante Studie verfolgt das Ziel, den Erwerb diagnostischer Kompetenzen im Studium auszubauen. Dabei wird eine Lösung angestrebt, welche weitgehend ohne zusätzliche personelle Ressourcen auskommt.

Projektleitung

Ueli Müller

Funktion

Emeritiert/Pensioniert

Fakten

  • Dauer
    11.2014
    12.2016
  • Projektnummer
    5_40

Fragestellung

Wie kann nun der diagnostischen Erfahrung, verbunden mit qualifizierten Rückmeldungen, im Rahmen der Ausbildung zur Psychomotoriktherapeutin zu einem grösseren Stellenwert verholfen werden? Kann dies mit minimalen personellen Ressourcen erreicht werden? Die geplante Studie sucht diese Anforderungen umzusetzen durch Verwendung von computerlinguistischen Verfahren und Videoaufzeichnungen. Wie muss ein solches Trainingsprogramm beschaffen sein, damit Studierende möglichst intensiv üben und ihren Lernfortschritt laufend mit Hilfe von Feedbacks überprüfen können – im Sinne von deliberate practice (Ericsson, Krampe & Tesch-Romer, 1993)?

Methodisches Vorgehen

In Zusammenarbeit mit dem Computerlinguistischen Institut der Universität Zürich soll eine computergestützte Lernumgebung entwickelt werden, die es erlaubt, nach dem Ansehen von Ausschnitten aus einer konkreten Psychomotorik-Abklärung Überlegungen zur Diagnose und Therapie online zu erfassen und schrittweise zu verbessern. Dies soll durch wiederholtes Abrufen von Rückmeldungen über den Grad der Übereinstimmung des eigenen eingegebenen Textes und Texten von Experten, welche im System hinterlegt sind und sich auf das gleiche Video beziehen.

Die Verwendung von sogenannten distributionellen semantischen Methoden soll es ermöglichen, die Ähnlichkeit zwischen frei formulierten Texten zu erfassen und an die trainierende Person zurückzumelden. Ein ähnliches Verfahren wurde am Psychologischen Institut der Universität Bern in der Gruppe um Franz Caspar durchgeführt und als wirksam beurteilt (z.B. Caspar, Berger & Hautle, 2004).

Konkret umfasst das geplante Projekt das Erstellen des Videofiles, den Aufbau eines «semantischen Raumes» als Basis für die Textvergleiche, das Erstellen und Integrieren von diagnostischen Expertentexten sowie schliesslich die Evaluation einer ersten Fassung des Trainingsprogramms durch fortgeschrittene Studierende.

Das Methodische Vorgehen bei diesem Pilotprojekt stellt methodisch-technische und didaktisch-praktische Aspekte ins Zentrum. Eine genauere Prüfung der Wirksamkeit und der ökologischen Validität des Verfahrens ist für die geplante Nachfolgestudie vorgesehen. 

Ergebnisse

Ein Analyseprogramm, welches Studierendentexte mit Expertentexten vergleichen und deren Ähnlichkeit zurückmelden kann, konnte gemäss den Zielsetzungen erstellt werden – wenn auch mit einer zeitverzögerten Rückmeldung an Stelle der geplanten Online-Rückmeldung. Die Evaluation des Systems durch den Vergleich mit Ähnlichkeitsschätzungen durch Menschen hat das Potential des Verfahrens im Hinblick auf eine Nachfolgestudie bestätigt. Allerdings hat sie auch technische Verbesserungen im Hinblick auf die Praktische Anwendung nahegelegt.

Literatur

  • Caspar, F., Berger, T. & Hautle, I. (2004). The Right View of Your Patient: A Computer-Assisted, Individualized Module for Psychotherapy Training. Psychotherapy: Theory, Research, Practice, Training, 41(2), 125-135.
  • Ericsson, K. A., Krampe, R. T. & Tesch-Romer, C. (1993). The Role of Deliberate Practice in the Acquisition of Expert Performance. Psychological Review, 100(3), 363-406.